Da haben alle Regierungen zu wenig getan

Berufliche Bildung soll aufgewertet werden

Für Karl-Heinz Bley steht fest, dass ein „Weiter so“ der falsche Weg wäre. „Es muss ein Umdenken stattfinden“, sagt er. Um die Gleichwertigkeit der beruflichen und der akademischen Bildung herzustellen, müsste die Politik die beruflichen Schulen deutlich besser ausstatten. „Da haben alle Regierungen in der Vergangenheit zu wenig getan“, bedauert der CDU-Landtagsabgeordneten aus Garrel.

Anlass für Bleys Forderung war der Auftakt der ersten niedersächsischen „Woche der beruflichen Bildung“, die angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels in Handwerk und Industrie für die Gleichwertigkeit der beiden Bildungswege werben soll. Den Start dieser Aktion nahm Bley zum Anlass, sich am Standort Scheefenkamp der Berufsbildenden Schulen Fries­oythe über deren Angebot und Ausstattung zu informieren.

Bild: Heiner Stix

Sein erstes Fazit nach einer Besichtigungstour durch den Standort, an dem unter anderem die gewerblich-technischen Klassen untergebracht sind: „Ich habe nicht gewusst, was hier alles vorgehalten wird.“ Er müsse der Schule, aber auch dem Landkreis als Schulträger ein Lob aussprechen.

Hart ging Bley hingegen mit der Politik ins Gericht. „Wir haben die Aufgabe, für die Schulen das Personal und die Mittel dafür bereitzustellen“, betonte er. Doch bei der beruflichen Bildung und ihrer Bedeutung gehe es meist nicht über Sonntagsreden hinaus.

Das sehe man schon daran, dass das Land zwar 2,3 Milliarden Euro für die akademische, aber nur gut 700 Millionen für die berufliche Bildung aufwende. „Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Unterrichtsversorgung bei beruflichen Schulen nur bei 90 Prozent, in Einzelfällen sogar nur bei 70 Prozent liegt“, betonte der Kfz-Meister.

Auch für die Leiterin der BBS Friesoythe, Marlies Bornhorst-Paul, ist der Mangel an Lehrkräften eines der ärgerlichsten Themen. „Es ist schwer, Leute zu finden“, bedauerte sie. Hinzu komme die Kürzung bei den Mitteln, die in für zusätzliche, auf Vertragsbasis eingestellte Lehrkräfte genutzt werden können. „Momentan reicht das Geld nur bis zu den Sommerferien“, sagte Bornhorst-Paul. „Wir müssen einige Verträge auf den Prüfstand stellen.“ Die Kündigungen wiederum würden zu weiteren Unterrichtsausfällen führen – nach Auskunft der Landesschulbehörde lag die Unterrichtsversorgung der BBS schon im vergangenen Jahr bei nur 87,9 Prozent.

Ein großes Thema sei auch die Digitalisierung der Schulen, so Bornhorst-Paul und Bley übereinstimmend. Dass es an den BBS dabei nicht nur um Tablets und Smartboards geht, machte Heiner Bahlmann mit Blick auf die Entwicklung in der Indus-
trie deutlich. „Wenn wir hinterherlaufen, wird es für die Schüler beim Wechsel in den Betrieb schwierig“, erläuterte der zuständige BBS-Abteilungsleiter

Fest stehe allerdings auch, betonte Bornhorst-Paul ergänzend, dass die Schule sich an diesem Punkt lediglich über zu langsame Internetleitungen beklagen könne. „Wir haben einen Schulträger, der uns super gut ausstattet.“

Ob Aktionen wie die Woche der beruflichen Bildung, mehr Geld für Lehrkräfte und Digitalisierung ausreichen, um insbesondere die Eltern von der Gleichwertigkeit der Bildungswege zu überzeugen, blieb bei Bleys Besuch indes offen. „Eltern sind die ersten Berater, wenn es um die Schullaufbahn der Kinder geht“, erläuterte Bahlmann. Leider aber sei bei ihnen die Wertigkeit des Handwerksberufes verloren gegangen. Und genau deshalb, ergänzte Bley, müsse die Politik umdenken und beispielsweise durch bessere Ausstattung zeigen, wie wichtig die berufliche Bildung immer noch sei.

(Quelle: MT 02.04.2019)

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