Vier Schüler der BBS Friesoythe sprechen über ihr Heimatgefühl, ihr Heimatverständnis und Europa
Im zweiten Teil der MT-Serie zur Heimat kommen junge Menschen zu Wort. Sie sind sich einig, dass die Verbindung zu Menschen das wichtigste Element für ein Heimatgefühl ist.
Was ist Heimat? Die BBS-Schüler (von links) Neele Eilers, Selma Sezgen, Dennis Bent und Henning Conrads sprechen darüber, was Heimat ist, wo ihre Heimat ist und ob es nur eine Heimat gibt. Foto: Stix
Der Münsterlandtag des Heimatbundes Oldenburger Münsterland am 9. November in Friesoythe steht unter dem Thema Heimat. Dass der Begriff auch für junge Menschen eine Bedeutung hat, zeigt ein Gespräch, das die MT mit den Schülern Neele Eilers aus Neuscharrel, Selma Sezgen aus Scharrel, Dennis Bent und Henning Conrads (beide aus Bösel) aus der Europa-AG der Berufsbildenden Schulen Friesoythe geführt hat.
Was ist für Euch Heimat?
Dennis Bent: Ich würde bei dem Begriff Heimat am ehesten eine Verbindung sehen zu den Menschen und dem Geburtsort. Also das, was einen geprägt hat.
Selma Sezgen: Das sehe ich anders. Heimat ist für mich nicht automatisch der Geburtsort. Da kann man doch auch schlechte Erfahrungen gemacht haben. Man sollte Heimat nicht als einen, vor allem nicht als einen einzigen Ort sehen.
Meine Mutter kommt aus der Türkei. Sie sieht die Türkei als ihre Heimat, weil dort ihre Familie ist. Das ist ihre erste Heimat. Aber wenn wir dort sind, vermisst sie Deutschland. Das ist auch ihre Heimat.
Henning Conrads: Heimat im Plural geht nicht, ich glaube nicht, dass es mehrere Heimaten gibt. Aber klar, es müssen viele Faktoren zusammenspielen, damit man etwas Heimat nennen kann. Die Familie spielt sicher eine Rolle, aber eben nicht als Einziges. Wenn ich mich freue, irgendwohin zurückzukommen, dann ist da Heimat. Es ist immer ein geografischer Bezugspunkt.
Neele Eilers: Ich habe eine große Familie, die an vielen verschiedenen Orten lebt. Wenn ich meine Familie besuche, egal wo, ist das ein Stückchen Heimat für mich.”
Sezgen: Das ist eine schöne Formulierung.
Bent: Meine Prämisse sind letztendlich die Leute. Die mag ich, man kennt sich, hat die gleiche Mentalität. Wenn man zu denen zurückkommt, fühlt sich das wie Heimat an. Vielleicht kann man Heimat am ehesten beschreiben als eine Verbindung zwischen Mensch und Raum, wo man ein Geborgenheitsgefühl hat.
Funktioniert diese Verbindung auch im größeren Rahmen? Kann Europa Heimat sein?
Bent: Auch wenn vieles nicht funktioniert, trägt Europa sicher zu einem Verbundenheitsgefühl bei.
Conrads: Ich kann mich eher mit Europäern identifizieren, als mit Menschen aus weiter entfernten Regionen. Wir sollten sicher auf eine europäische Heimat hinarbeiten. Europa ist die Zukunft, aber im Moment ist Europa noch keine Heimat.
Eilers: Europa bietet uns viele Möglichkeiten, aber grundsätzlich stimme ich Henning zu.
Sezgen: Vieles trennt uns noch.
Conrads: Wir dürfen die Ebene Deutschland nicht vergessen. Ich würde mich wahrscheinlich eher irgendwo in Deutschland wohlfühlen als in Frankreich.
Heimat kann vielleicht verschiedene Stufen haben, bei mir etwa Bösel, vielleicht der Landkreis Cloppenburg, aber eben auch Deutschland.
Könntet Ihr Euch vorstellen, Eure Heimat zu verlassen?
Eilers: Ich möchte auf jeden Fall weggehen, ins Ausland vielleicht, in einer Großstadt studieren, mein Leben selbst aufbauen, alleine klarkommen.
Bent: Ich will auch studieren gehen, egal wo das sein wird, München, Köln oder Ähnliches. Da leidet dann natürlich das Heimatgefühl.
Conrads: Ich will Aeoronautik bei der Bundeswehr studieren und Pilot werden.
Dafür muss ich natürlich weg. Und in dem Beruf wird man dann auch oft versetzt. Da wird das Heimatgefühl sicher leiden, das muss ich akzeptieren.
Eigentlich treibt mich nichts aus Bösel weg, ich würde immer hier bleiben, wenn es ginge. Aber das kann sich natürlich ändern.
Bent: Ein Cousin von mir konnte sich nie vorstellen, aus Neumarkhausen wegzuziehen. Jetzt lebt er in Berlin mit seiner kleinen Familie und kann sich inzwischen wahrscheinlich nicht mehr vorstellen zurückzukommen.
Eilers: Ich schließe nicht aus, dass ich nach dem Studium später hierher zurückkomme.
Sezgen: Ich möchte auch weg, hier in der Gegend hat man nicht so viele Möglichkeiten. Aber ich verlasse meine Familie damit ja nicht. Sie und die Region hier werden immer meine Heimat sein, so wie andere Orte auch.
(Quelle: MT 02.11.2019)