Maritime Wirtschaft muss klimaneutral werden!
Welche Folgen hat der eigene Konsum auf den Klimawandel? Die Lebensdauer der Produkte wird immer kürzer und wir verbrauchen immer mehr. Alles muss über tausende Kilometer ist riesigen Frachtschiffen nach Europa verschifft werden, damit wir es in der Heimat nutzen können. Wie kann und muss die Maritime Wirtschaft darauf reagieren?
Einen äußerst spannenden und interessanten Vortrag hielt Prof. Dr. Jann Strybny über die Herausforderungen des Klimawandels für die Maritime Wirtschaft. Auf dem Expertenabend der Beruflichen Gymnasien hörten 200 Schülerinnen und Schüler gespannt zu, als Prof. Strybny über die Folgen unseres Konsumverhaltens für die maritime Wirtschaft und den Klimawandel gesprochen hat. Insbesondere ging er der Frage nach, wie die Weltmeere in Zukunft durch Fracht- oder Kreuzfahrtschiffe nachhaltig ökologisch genutzt werden können. Prof. Strybny ist Mitglied des Instituts der Frauenhofer AG für nachhaltige Maritime Wirtschaft. Das Institut beschäftigt sich intensiv mit der Frage, wie Schiffe CO2-neutral auf den Weltmeeren unterwegs sein können.
Das größte Problem in der Maritimen Wirtschaft sei der rasant steigende Konsum. Große Teile der Bevölkerung wollen sparen und effizient leben, doch unterliegen gleichzeitig dem Rebound-Effekt. So senken Effizienzsteigerungen zunächst die Kosten für die Produkte oder Dienstleistungen, doch das Kaufverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher hebt die Effizienzsteigerungen auf, weil sie einfach mehr verbrauchen als vorher. Der Ersatz der Glühbirnen durch LED-Leuchtmittel führt unweigerlich dazu, dass viel mehr im und rund ums Haus beleuchtet und angeleuchtet wird. Ein weiteres Problem sei die immer kürzere Lebensdauer der Produkte. „Und alles, was wir verbrauchen, muss global in riesigen Frachtschiffen aus der ganzen Welt herangeschifft werden“, erläuterte Prof. Strybny.
Aus diesem Grund müssen die Frachtschiffe klimaneutral auf den Weltmeeren fahren. Soll der Wohlstand in den größten Volkswirtschaften der Welt gehalten werden, sind die Staaten und Länder der Welt unbedingt darauf angewiesen, die weltweiten Ölvorräte zu schonen, weil sie bei weitem nicht für alle Länder ausreichen. Und bislang fahren die Schiffe mit eben diesen fossilen Brennstoffen!
In seinem Vortrag zeigte er aktuelle Forschungsergebnisse auf, die vielversprechend sind und Hoffnung machen. Prof. Strybny erläuterte beispielhaft die Funktionsweise eines Flettnerrotors, mit dessen Hilfe schon heute große Frachtschiffe durch Windenergie 15% an Kraftstoff einsparen können. In Zukunft könnten Frachtschiffe mit riesigen Flettnerrotoren vollständig klimaneutral unterwegs sein. Aber auch moderne Segeltechnik ermöglicht es, Schiffe mit Windenergie anzutreiben.
Weitere Forschungen, die die Sonne als erneuerbare Energie nutzen, sind schon ab dem Jahr 2024 Realität. Die Fähre FRISIA, die zwischen Norddeich und Norderney fährt, wird dann zu 100% CO2-neutral zwischen dem Festland und der Insel fahren. Die Parkplätze in Norddeich werden vollständig mit Solarkollektoren überdacht. Die Fähre kann bei jeder Fahrt max. 1.300 Inselbesucher klimaneutral hin- und zurückfahren.
Um diese und weitere Projekte realistisch voranzutreiben und die maritime Seefahrt klimaneutral werden zu lassen, müssen allerdings wirtschaftliche Anreize geschaffen werden. Eine CO2-Bepreisung sei unumgänglich, so Prof. Strybny, um eine realistische Umweltlösung zu erhalten. Das sei die Aufgabe der EU. Hinsichtlich der Kreuzfahrtbranche müsse ein Umdenken stattfinden. Kreuzfahrtschiffe müssten kleiner werden und die Reisen teurer, damit die Schiffe klimaneutral werden. „In Zukunft wird es ganz sicher mehr Segelschiffe geben“, sagte Prof. Strybny und die Bevölkerung müsse sich wahrscheinlich auch mit dem eigenen Konsum auseinandersetzen und mehr Konsumverzicht üben.
Text/ Bild: Ralf Stammermann (BBS)/ René Meyer (BBS)