„Diktat des Stundenplans“ bleibt erhalten

Die Berufsbildenden Schulen Friesoythe haben ein eigenes Modell für den Unterricht im „Szenario B“ entwickelt. An den BBS werden die Klassen anhand der Raumkapazität geteilt. Wenige Schüler müssen ins Homeschooling, wer kein schnelles Internet hat, bleibt komplett in der Schule.

Für Lars Murra, Abteilungsleiter Berufliche Gymnasien an den Berufsbildenden Schulen (BBS) Friesoythe, bestanden die Vorbereitungen auf das seit Mitte November geltende „Szenario B“ zu einem großen Teil aus einer Rechenaufgabe. Er ermittelte, wie viele Schüler unter Einhaltung der vorgeschriebenen Mindestabstände in jedem einzelnen Klassenraum Platz haben. Die erforderliche Einteilung der Klassen in zwei Gruppen erfolgte dann nicht 50:50, sondern anhand der Raumkapazität. Die Idee dahinter ist so einfach wie bestechend: Wenn in einer Klasse 20 Schülerinnen und Schüler sitzen, das Klassenzimmer aber auch in Corona-Zeiten 16 davon Platz bietet, müsse, so Murra, ja nicht die Hälfte ins Homeschooling. Vier würden reichen. Gewechselt wird wöchentlich, die Schüler müssen dann nur alle drei bis fünf Wochen von zu Hause aus am Unterricht teilnehmen.

Bild und Ton im Klassenzimmer
Bild und Ton: Durch die Kamera über dem Touchboard sehen auch die Schüler zu Hause den gesamten Klassenraum. Lehrer Daniel Kleine (links) demonstriert für (von rechts) Lars Murra, Uta Grüning und Marlies Bornhorst-Paul, was die Schüler zu Hause sehen.

Die BBS gingen aber noch zwei Schritte weiter. Zum einen erhielten alle Klassenräume zusätzlich zu den White- und Touchboards noch jeweils eine externe Kamera und ein hochwertiges Mikrofon. „Damit können alle Schüler im Homeoffice auf ihrem Rechner oder Tablet nicht nur das Tafelbild auf dem digitalen Board, sondern auch die Schulklasse sehen und alle Wortbeiträge gut hören“, sagt Murra. Wichtiger noch war die Abfrage nach der technischen Ausstattung zu Hause, erzählt Schulleiterin Marlies Bornhorst-Paul. „Dadurch wissen wir, wer beispielsweise eine schlechte Internetverbindung hat oder ein technisches Equipment, das für das Homeschooling nicht ausreicht. “Im Ergebnis hatten beispielsweise alle 360 Gymnasiasten eine gute technische Ausstattung, 20 davon aber schlechtes Internet. „Diese 20 sind von der Rotation ausgenommen, nehmen also durchgehend in der Schule am Unterricht teil“, erläutert Murra. „Dadurch vermeiden wir, dass Schüler vom Präsenzunterricht oder vom sinnvollen Distanzlernen ausgeschlossen sind. “Die Grundidee hinter dem Konzept, das in allen Zweigen der BBS umgesetzt wird, ist, „dass möglichst viele Schüler immer Präsenzunterricht haben sollen“, sagt Abteilungsleiterin Uta Grüning, die den Bereich Berufs- und Berufsfachschulen Wirtschaft verantwortet. Sie funktioniere aber nur deshalb, so Bornhorst-Paul, weil alle Lehrer mitmachen und sich auf die Teildigitalisierung des Unterrichts eingelassen haben. „Die Bereitschaft ist da, weil die Notwendigkeit gesehen wird. “Dadurch könne zudem der Stundenplan für alle Schüler jederzeit vollständig eingehalten werden. Und das, so Murra, werde auch von den Schülern positiv gesehen. „Einige Abiturienten haben mir erzählt, dass ihnen im Frühjahr während des Homeschoolings die Struktur gefehlt habe.“ Jetzt müssten alle, egal wo sie sitzen, um 8 Uhr präsent sein. „Das Diktat des Stundenplans bleibt erhalten“, ergänzt Bornhorst-Paul schmunzelnd. Alle drei sind sich indes einig, dass auch ein noch so ausgeklügelter Fernunterricht den schulischen Alltag nicht ersetzen könne. „Präsenzunterricht mit der ganzen Gruppe hat mehr Raum für Zwischentöne“, sagt Grüning. „Am meisten davon aber nimmt man wahr, wenn die Gesichter nicht durch Masken verdeckt sind.“

(Text: MT-News – Heiner Stix, 26.11.2020 / Bild: Heiner Stix)

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